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Goodbye G-Untersuchung

Die alten „Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen“, die als G-Sätze bekannt sind, wurden durch neue Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) abgelöst

Die alten „Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen“, die als G-Sätze bekannt sind, wurden durch neue Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) abgelöst. Unter den G-Sätzen verstand man in der Arbeitsmedizin die Untersuchung der Beschäftigten, wodurch die arbeitsmedizinische Vorsorge und Beratung oft vernachlässigt wurde.

Grund für die neuen DGUV Empfehlungen

Seit der Einführung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) im Jahr 2008 gibt es den Begriff „arbeitsmedizinische Untersuchung“ nicht mehr. Der Gesetzgeber hat bewusst den Begriff der „arbeitsmedizinischen Vorsorge“ neu eingeführt und in § 2 der Verordnung umfangreich definiert. Die neuen „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ ersetzen vollständig die alten G-Sätze, da diese nicht mehr den aktuellen rechtlichen Vorgaben und Anforderungen an die Betriebsmedizin entsprachen. Über fünf Jahrzehnte hinweg spielten die G-Sätze eine bedeutende Rolle in den Betrieben, und viele Betriebsärzt*innen orientierten sich an dieser Zusammenstellung arbeitsmedizinischer Erkenntnisse.

Was ist neu?

Die „DGUV Empfehlungen“ richten sich in erster Linie an Betriebsärztinnen und dienen als Unterstützung bei der fachlichen Ausgestaltung von arbeitsmedizinischen Beratungen und Untersuchungen. Sie bieten jedoch auch anderen Akteurinnen in den Betrieben wertvolle Informationen, da sie zusätzliche Hinweise zu den Vorsorgeanlässen enthalten. Insgesamt wurden 50 Empfehlungen ausgearbeitet, die statt der früheren G-Satz-Nummerierung nun die Titel der jeweiligen Vorsorgeanlässe tragen. Die Empfehlungen selbst sind nicht rechtsverbindlich, orientieren sich jedoch sowohl inhaltlich als auch konzeptionell an der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV).

Was ist die arbeitsmedizinische Vorsorge?

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist eine Arbeitsschutzmaßnahme, um frühzeitig arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufserkrankungen zu erfassen.

Sie umfasst allgemeine Maßnahmen wie

  • die Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung
  • die kollektive Beratung der Beschäftigten zu Gesundheitsfragen
  • die medizinische Betreuung einzelner Mitarbeiter

Letzteres beinhaltet individuelle ärztliche Beratungsgespräche mit Anamnese, wobei auch speziell die Arbeitsanamnese einbezogen wird. Bei Bedarf schließen sich körperliche oder klinische Untersuchungen an.

Die arbeitsmedizinische Vorsorge beinhaltet grundsätzlich ein ärztliches Beratungsgespräch mit einer Anamnese, die auch die berufliche Vorgeschichte berücksichtigt. Eine Untersuchung ist jedoch nicht immer erforderlich. Falls der Betriebsarzt eine körperliche oder klinische Untersuchung zur Klärung oder Beratung für notwendig hält, kann er diese dem Mitarbeiter anbieten. Dabei gilt, dass Untersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge nur mit dem Einverständnis des Mitarbeiters durchgeführt werden dürfen.

Es gibt drei Arten der arbeitsmedizinischen Vorsorge: Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und Wunschvorsorge.

Was sind Pflichtvorsorgen?

Die Pflichtvorsorge ist eine vom Arbeitgeber zu veranlassende arbeitsmedizinische Vorsorge, die bei bestimmten besonders risikobehafteten Tätigkeiten erforderlich ist. Der Arbeitgeber darf eine solche Tätigkeit nur dann zulassen, wenn zuvor eine Pflichtvorsorge stattgefunden hat. Daher sind die Mitarbeiter verpflichtet, an den entsprechenden Vorsorgeterminen teilzunehmen. Verweigert ein Mitarbeiter die Teilnahme an der Pflichtvorsorge, kann der Arbeitgeber die Lohnzahlung bis zur Nachholung der Vorsorge aussetzen. Unterlässt der Arbeitgeber die Durchführung oder veranlasst die Pflichtvorsorge nicht rechtzeitig, kann ihm ein Bußgeld oder in bestimmten Fällen sogar eine Strafe drohen.

Was sind Angebotsvorsorgen?

Die Angebotsvorsorge ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber den Mitarbeitern bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten zur Verfügung stellen muss. Sollte der Arbeitgeber die Angebotsvorsorge nicht oder nicht fristgerecht anbieten, droht ihm ein Bußgeld oder in bestimmten Fällen eine Strafe. Die Mitarbeiter können das Angebot jedoch ablehnen, ohne dass dies arbeitsrechtliche Konsequenzen hat. Welche Auswirkungen eine Ablehnung auf etwaige später auftretende Erkrankungen oder Berufskrankheiten hat, ist rechtlich noch unklar. Es könnte beispielsweise sein, dass dem Mitarbeiter vorgeworfen wird, seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen zu sein.



Was sind Wunschvorsorgen?

Mitarbeitende können in bestimmten Situationen selbst dann eine Vorsorgeuntersuchung anfordern, wenn dafür keine gesetzliche Verpflichtung besteht und der Arbeitgeber diese nicht aktiv anbieten muss. Gemäß § 11 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist der Arbeitgeber dennoch verpflichtet, eine solche Vorsorge zu ermöglichen, wenn die Beschäftigten diesen Wunsch äußern. Der Anspruch auf Wunschvorsorge entfällt jedoch, falls die Gefährdungsbeurteilung und die getroffenen Schutzmaßnahmen zeigen, dass keine Gesundheitsgefahr zu erwarten ist.

Wunschvorsorge kann beispielsweise bei Arbeiten relevant sein, die das Heben und Tragen schwerer Lasten erfordern. Da diese Vorsorgeform nicht auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt ist, führt der Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) keine abschließende Liste solcher Anlässe. Darüber hinaus existieren weitere Vorsorgemaßnahmen, die außerhalb der ArbMedVV geregelt sind, wie etwa spezielle arbeitsmedizinische Untersuchungen nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG).

Wissenswertes für Beschäftigte:

  1. Beschäftigte haben ein gesetzliches Anrecht auf arbeitsmedizinische Vorsorge. Die Verordnung (ArbMedVV) regelt, wie diese Vorsorge durchzuführen ist. Ob es sich um eine Pflicht- oder Angebotsvorsorge handelt, ist in der ArbMedVV festgelegt. Zusätzlich können Mitarbeiter auf eigenen Wunsch eine arbeitsmedizinische Vorsorge in Anspruch nehmen, wenn eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch ihre Tätigkeit besteht.
  2. Die früher gebräuchlichen G-Sätze, die oft als Grundlage für Untersuchungen dienten, sind durch die neuen "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" ersetzt worden. Diese Empfehlungen geben Betriebsärzt*innen eine aktuelle Orientierung.
  3. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit hat stets Vorrang: Ohne die ausdrückliche Einwilligung der Beschäftigten darf keine Untersuchung durchgeführt werden. Falls der Arbeitgeber oder der Arzt eine Teilnahme an einer Eignungsuntersuchung fordert, muss eine eindeutige rechtliche Grundlage dafür vorliegen. Ist diese gegeben, ist die Teilnahme verpflichtend.
  4. Die Bescheinigung über die Vorsorge darf keine medizinischen Diagnosen enthalten, da diese der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Eine Entbindung von dieser Schweigepflicht sollte sorgfältig überlegt werden, da medizinische Befunde nicht in die Hände des Arbeitgebers gelangen sollten.

Wissenswertes für Unternehmen

Prüfung von Betriebsvereinbarungen

In vielen Betrieben gibt es Vereinbarungen, die auf den inzwischen veralteten G-Sätzen basieren. Diese sollten überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie nicht im Widerspruch zu den aktuellen gesetzlichen Regelungen stehen. Gegebenenfalls müssen diese angepasst werden. Wo noch keine spezifische Betriebsvereinbarung zur Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge existiert, bieten die neuen DGUV-Empfehlungen eine gute Gelegenheit, eine solche Vereinbarung zu entwickeln.

Arbeitsmedizinische Betreuung im Betrieb gestalten

Die gesetzlichen Grundlagen für die arbeitsmedizinische Betreuung bilden das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), die DGUV Vorschrift 2 (Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit) sowie die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Auch in diesem Bereich ist es sinnvoll, spezifische betriebliche Regelungen festzulegen. Beratung von Arbeitgebern und Beschäftigten ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Vorsorge, während Untersuchungen nur bei konkretem Bedarf vorgesehen sind. In einer Betriebsvereinbarung kann geregelt werden, wie Beschäftigte über diese Maßnahmen informiert werden.

Ob eine Pflichtvorsorge oder eine Angebotsvorsorge nach der ArbMedVV erforderlich ist, muss der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festlegen und dementsprechend veranlassen. Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge sollten in die Gefährdungsbeurteilungen integriert werden, und es ist ratsam, dafür betriebliche Prozesse zu definieren. Darüber hinaus sollten Betriebsärzt*innen den Arbeitgeber bei der Arbeitsplatzgestaltung und der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen unterstützen. Wenn ein Arbeitsschutzausschuss im Betrieb existiert (in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten nach § 11 ASiG vorgeschrieben), kann dieser als Plattform dienen, um die Ausgestaltung der arbeitsmedizinischen Betreuung im Betrieb zu diskutieren und alle relevanten Beteiligten einzubeziehen.

Schlussfolgerung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

Die arbeitsmedizinische Vorsorge zielt darauf ab, arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufskrankheiten durch frühzeitiges Erkennen und – wenn möglich – das Einleiten von Präventionsmaßnahmen zu vermeiden. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, dass Beschäftigte langfristig gesund bleiben und ihre Tätigkeit ohne Einschränkungen ausüben können, wodurch die betriebliche Gesundheitsförderung unterstützt wird.

Quellen

https://www.baua.de/DE/Themen/Praevention/Arbeitsmedizinische-Praevention/Arbeitsmedizinische-Vorsorge

Veröffentlichungsdatum
November 11, 2024
Lesedauer
6 Minuten
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